FundraisingFundraising-Strategie

Wird Bitcoin die Spendenlandschaft revolutionieren?

Grenzenlose Großzügigkeit: Mit Krypto-Spenden Gutes tun

Innovative Technologien wie Bitcoin gewinnen auch im Bereich des Fundraisings zunehmend an Bedeutung. Die dezentrale und transparente Natur von Kryptowährungen eröffnet neue Möglichkeiten für Organisationen, Spenden zu sammeln und zu verwalten. Wir sprechen mit Philipp Stoll von BITCOIN4GOOD darüber, wie gemeinnützige Organisationen (NGOs) diese Technologie nutzen können, um ihre Spendenaktionen zu optimieren und neue Unterstützerkreise zu erschließen.

Seit wann gibt es BITCOIN4GOOD und was genau bietet ihr an?

Philipp Stoll: BITCOIN4GOOD wurde im Juni 2023 gegründet. Wir bieten Wissensvermittlung, Beratung, Softwareentwicklung und Netzwerkbildung an und unterstützen NGOs dabei, die zahlreichen sozialen, ökologischen und ökonomischen Vorteile der Bitcoin-Technologie für ihre Mission vollumfänglich zu nutzen. Damit finanzielle Hilfe direkt dort ankommt, wo sie benötigt wird. Unter anderem haben wir eine Web-App entwickelt, die es Organisationen ermöglicht, Bitcoin Spenden unkompliziert anzunehmen.

Bei den Organisationen besteht ein großes Interesse an unseren Dienstleistungen. Denn mit unserer Anwendung schaffen wir den Zugang zu einem neuen Spendenmarkt. Auch das Spenden selbst wird durch Bitcoin wesentlich effizienter. Da die Technologie ohne Zahlungsdienstleister funktioniert, können wir die Transaktionskosten extrem niedrig ansetzen: Die betragen bei uns nur 1,5 %. Jetzt gerade haben wir sogar ein Early Bird-Angebot in Höhe von 1 % Transaktionsgebühr. Vergleicht man das mit Spenden per herkömmlichen Zahlungsmöglichkeiten wie Kreditkarten oder PayPal, bleiben dort in Summe 4 bis 5 % auf dem Weg zur Organisation bei verschiedenen Dienstleistern hängen.

Warum gibt es Bitcoin überhaupt?

Philipp Stoll: Bitcoin ist die Antwort auf eine technologische Frage, mit der man sich seit 40 Jahren beschäftigt: Wie schaffen wir es, in einem digitalen Umfeld Wert zu transferieren, ohne dabei auf eine dritte Partei – wie ein Finanzinstitut – angewiesen zu sein? Mithilfe der Bitcoin-Technologie kann Wert rund um die Uhr, zu verschwindend geringen Gebühren und ohne Drittparteien in Sekundenschnelle um die Welt gesendet und empfangen werden. Dies ist besonders relevant für globale Spendenaktionen und humanitäre Hilfsorganisationen, die oft mit hohen Transaktionsgebühren, komplexen Überweisungsprozessen oder dysfunktionalen Finanzstrukturen konfrontiert sind.

Darüber hinaus ermöglicht die Blockchain-Technologie, auf der Bitcoin basiert, eine beispiellose Transparenz und Nachverfolgbarkeit von Spenden. Jede Transaktion wird in der öffentlichen Blockchain aufgezeichnet, wodurch Spendende die Möglichkeit haben, den Weg ihrer Spende in Echtzeit zu verfolgen. Diese Offenheit kann das Vertrauen in NGOs stärken und zu einer höheren Spendenbereitschaft führen.

Wie funktioniert das Spenden per Bitcoin?

Philipp Stoll: Spendende benötigen natürlich erstmal Bitcoin, die sie in einem sogenannten Wallet verwahren, häufig z.B. als App auf dem Handy. Das Wallet funktioniert wie eine Geldbörse, die aus zwei Teilen besteht: einem privaten und einem öffentlichen Schlüssel. Der öffentliche Schlüssel steht z.B. als QR-Code auf der NGO-Website und dient zum Empfangen, der private Schlüssel dient zum Ausgeben von Bitcoin. Organisationen benötigen ebenfalls ein Wallet, um Bitcoin-Spenden empfangen zu können.

BITCOIN4GOOD berät und begleitet NGOs bezüglich der Auswahl der richtigen Wallet und der sicheren Nutzung. Die technische Abwicklung können NGOs im Grunde alleine übernehmen oder sie nutzen bequem unsere BITCOIN4GOOD-App, die außerdem zusätzliche Prozesse wie Reporting und Spendenquittungen automatisiert.

Welche Vorteile hat es für NGOs, Bitcoin als Spendenform anzubieten?

Philipp Stoll: Die Vorteile lassen sich folgendermaßen kategorisieren:

  • Unabhängigkeit und Schnelligkeit

Bitcoin ermöglicht es Organisationen, Unabhängigkeit im Zahlungsverkehr zu wahren und Geld zu senden und zu empfangen, ohne auf die Hilfe von Regierungen oder Finanzinstituten angewiesen zu sein. Dies ist besonders für international tätige NGOs von Vorteil, die in Ländern mit instabilen Finanzinfrastrukturen arbeiten. Überweisungen können innerhalb eines Tages stattfinden, statt wie üblich eine Woche zu dauern. Dies ermöglicht sehr schnelle finanzielle Hilfe, auch für Mitarbeitende bei Krisenfällen im Ausland.

  • Effizienz

Gebühren für Zahlungsanbieter fallen bei Bitcoin nicht an, sodass mehr vom gespendeten Betrag dort ankommt, wo es benötigt wird.
Außerdem können Organisationen mit Bitcoin auch kleinere Spendenbeträge – sogar im Centbereich – annehmen und effizient verwalten, ohne dass sie von den Verwaltungskosten aufgezehrt werden. Die Möglichkeit, kleine Beträge zu spenden, dürfte die Hürden für ein erstmaliges Spenden senken und eröffnet NGOs den Zugang zu neuen Unterstützergruppen.

  • Transparenz und Sicherheit

Die Blockchain-Technologie bietet eine hohe Transparenz, da alle Transaktionen öffentlich einsehbar und nachvollziehbar sind. Gleichzeitig sind Bitcoin-Transaktionen durch die Kryptographie sicher vor Manipulation.

  • Zugang zu neuem Spendenmarkt

Bitcoin ermöglicht NGOs den Zugang zu einem neuen Spendenmarkt, da insbesondere jüngere Generationen häufiger Kryptowährungen besitzen und für Spenden nutzen.

Welche Nachteile gibt es?

Philipp Stoll: Richtige Nachteile gibt es eigentlich nicht. Eine Herausforderung kann die begleitende Kommunikation an interne und externe Stakeholder sein, da Bitcoin leider noch häufig mit Vorurteilen konfrontiert ist, z.B. dass Bitcoin nur für kriminelle Zwecke wie Drogenhandel, Geldwäsche oder Terrorfinanzierung genutzt wird. Dieses Vorurteil ist unbegründet, da die Bitcoin-Blockchain eine komplett öffentliche und transparente Datenbank ist. Bitcoin ist eine neutrale Technologie.
Die positiven Anwendungsfälle von Bitcoin, z.B. für die Nawalny-Stiftung oder Menschen auf der Flucht, überwiegen meiner Meinung nach deutlich.

Wie einfach ist es technisch gesehen für Organisationen, Bitcoin-Spenden zu akzeptieren? Welche Infrastruktur und Expertise sind nötig?

Philipp Stoll: Das Einzige, was die Organisation technisch machen muss, ist, sich ein Wallet einzurichten. Dabei unterstützen wir wie oben beschrieben gerne. Wir testen natürlich, ob die Spenden dann auch wirklich dort ankommen. Und den restlichen technischen Aufbau übernimmt unsere App.

Für die Organisation geht es wie bei jeder anderen Implementierung vor allem darum, Zuständigkeiten und Prozesse zu klären. Wie wird beispielsweise mit den eingehenden Bitcoin Spenden verfahren? In welchem Rhythmus oder ab welcher Höhe möchte ich zurück in den Euro tauschen? Tausche ich alles oder behalte ich langfristig einen Teil der Spenden in Bitcoin oder kann ich die gespendeten Bitcoin direkt für meine Mission einsetzen? Das sind Fragen, die Organisationen individuell für sich beantworten müssen.

Im Grunde ist das Ganze also sehr schnell umsetzbar. Aktuell haben wir bei einem neuen Kunden noch zwei neue Features entwickelt – es hat keine 14 Tage gedauert, bis unsere Anwendung dort eingesetzt werden konnte.

Wie verbreitet sind Bitcoin-Spenden in Deutschland und im internationalen Vergleich?

Philipp Stoll: Der Anteil an Spenden per Bitcoin stellt in Deutschland noch eine Nische dar, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung. International gibt es vor allem mehrere Anwendungsbeispiele bei NGOs, die im humanitären Bereich und in Krisenregionen tätig sind. So hat die ukrainische Regierung erfolgreich Krypto-Spenden zur Unterstützung im Krieg gegen Russland gesammelt. Organisationen wie die Nawalny Foundation oder WikiLeaks konnten dank Bitcoin-Spenden weiterarbeiten, als andere Finanzierungsquellen blockiert waren.
In den USA wurden im Jahr 2021 z.B. bereits 2 Milliarden US-Dollar in Kryptowährung gespendet. Dort akzeptieren bereits 56 % der 100 größten Wohltätigkeitsorganisationen Bitcoin- oder Krypto-Spenden. Siehe thegivingblock.com/annual-report

Welche Zielgruppen sind besonders interessant?

Philipp Stoll: Unserer Erfahrung nach sind Bitcoin-Nutzer überwiegend jung (über 75% sind jünger als 45 Jahre), männlich, technikaffin und online vernetzt. Sie unterstützen gerne Projekte, die sich mit der Technologie auseinandersetzen und diese fördern. Da es im Alltag selten möglich ist, mit Bitcoin zu zahlen, nutzen sie diese Spendenvariante gerne – einfach aus dem Zahlungserlebnis heraus, um diese Erfahrung zu machen. Dies bietet NGOs die Möglichkeit, eine neue, junge und oft kaufkräftige Zielgruppe anzusprechen.

In Ländern mit instabiler Währung, Inflation oder autoritären Regimen sind die Bitcoin-Adoptionsraten deutlich höher (bis 20-30%). Dort dient Bitcoin häufig schon vermehrt als alternatives Zahlungsmittel. Es wird dort entweder direkt als Zahlungsmittel akzeptiert oder in Landeswährung getauscht.

Siehe Studie: Die Top 10 Länder mit den meisten Krypto-Nutzerinnen und Nutzern

Ein aktuelles Beispiel ist ein Spendenprojekt in Gaza, das bisher zweieinhalb Bitcoin gespendet bekommen hat. Das sind aktuell über 140.000 Euro! Die Verantwortlichen kaufen mit den Bitcoin vor Ort lebensnotwendige Dinge wie Hygieneartikel, Brot, Linsen, auch mal eine Ziege oder ein Schaf und versorgen damit die Menschen.

Natürlich wird Bitcoin noch nicht überall als Zahlungsmittel akzeptiert, aber ich gehe davon aus, dass mit der Zeit immer mehr Menschen von den Vorteilen von Bitcoin überzeugt werden und die Adaptionsraten in den nächsten Jahren weiterhin stetig steigen werden.

Wie können Organisationen Bitcoin-Spenden bewerben und Spendende dafür gewinnen?

Philipp Stoll: Die Erfahrungen der letzten Monate zeigen, dass der Erfolg von Bitcoin-Spendenaktionen stark von den Fundraising-Bemühungen abhängt. Bitcoin stellt einen neuen Spendenkanal dar, der aktiv bespielt werden muss. Wenn es den Organisationen gelingt, diesen Kanal gut zu nutzen, lohnt es sich definitiv. Selbst kleine, rein ehrenamtliche Organisationen konnten bereits beachtliche Bitcoin-Spenden sammeln (z.B. 0,5 BTC seit September, aktuell ca. 30.000 Euro wert).

Es ist wichtig, in der Bitcoin-Community präsent zu sein. Neben Online-Kanälen wie Twitter/X, NOSTR und Reddit kann die eigene Organisation zum Beispiel auch bei Meetups oder Konferenzen vorgestellt werden, um auf diesen Spendenkanal aufmerksam zu machen. Netzwerke und Multiplikatoren können dabei helfen. Besondere Bitcoin-Events wie das „Halving“, bei dem alle vier Jahre die Ausschüttungsrate neuer Bitcoin halbiert wird, oder der jährlich stattfindende „Bitcoin Pizza Day“ bieten gute Gelegenheiten, um an Spenden zu erinnern.

Die Kommunikation sollte zeigen, dass die Organisation die Bitcoin-Technologie versteht und ihren Mehrwert erkennt. Wichtig ist neben einer guten Online-Präsenz (zum Beispiel einer eigenen Landingpage für das Thema Bitcoin-Spenden) die Social Media-Aktivität. Generell stellt die Gaming-Industrie mit Gaming-Influencern zusätzlich eine relevante Zielgruppe für Bitcoin-Spenden dar, da hier eine Affinität zur Technologie besteht und ich hier eine gewisse Schnittmenge vermute. Weiterhin ist Transparenz immer ein Schlüsselfaktor. Potenzielle Unterstützende wollen sehen, was mit ihrer Spende konkret erreicht wird. Eine „Shopping-Liste“ mit Beispielfinanzierungen hilft dabei.

Insgesamt ist es wichtig, die Zielgruppe dort abzuholen, wo sie sich bewegt, die Vorteile von Bitcoin-Spenden herauszustellen und Vertrauen durch Transparenz und Sicherheit zu schaffen. Mit der richtigen Ansprache und Begleitung können Organisationen Bitcoin-Spenden erfolgreich in ihr Fundraising integrieren.

Wie werden Bitcoin-Spenden steuerlich behandelt? Können Spendende sie genauso wie Geldspenden von der Steuer absetzen?

Philipp Stoll: In Deutschland werden Bitcoin-Spenden grundsätzlich als Sachspenden behandelt und die Ausstellung von Spendenquittungen ist möglich.

Der Wert, der in der Spendenquittung ausgewiesen wird, hängt davon ab, wie lange der/die Spendende den Bitcoin vor der Spende gehalten hat. Wenn der Bitcoin mindestens ein Jahr lang gehalten wurde, kann die NGO ihn mit dem aktuellen Tageswert in ihre Bücher aufnehmen. Verkäufe sind dann für die Organisation steuerfrei. Da die meisten Bitcoiner eine langfristige Anlagestrategie verfolgen, wird in den meisten Fällen die Ein-Jahres-Frist erfüllt sein.
Wurde der Bitcoin jedoch weniger als ein Jahr gehalten, muss die Organisation ihn mit den ursprünglichen Anschaffungskosten des Spendenden verbuchen. Dies verkompliziert die Handhabung.

Aus diesem Grund sollte die NGO bei der Spendenannahme die Bestätigung des Spendenden einholen, dass der Bitcoin mindestens ein Jahr lang gehalten wurde. Das funktioniert in unserer App durch einfaches Anklicken. Diese Vorgehensweise wurde rechtlich mit Steuerberatern und Gemeinnützigkeitsexperten abgestimmt und ist für Organisationen der einfachste Weg zur korrekten Verbuchung.

Welche Rolle wird das Bitcoin-Spenden in Zukunft spielen?

Philipp Stoll: Mithilfe der Technologie haben wir die Möglichkeit, den Spendenfluss wesentlich effizienter zu gestalten, indem viele Intermediäre wie Banken und Zahlungsdienstleister ausgeschaltet werden: Mit Bitcoin geht die Spende direkt von den Unterstützenden zur Organisation, ohne Zwischenschritte.

Mit steigender Bitcoin-Akzeptanz und Preisentwicklung wird Bitcoin als Spendenkanal häufiger genutzt werden. Viele Menschen werden zunächst durch den Spekulationsgedanken auf Bitcoin aufmerksam, vertiefen dann aber das Verständnis der zugrunde liegenden Technologie. Auch Organisationen setzen sich aufgrund des finanziellen Anreizes neuer Spendenquellen mit Bitcoin auseinander.

Ich bin davon überzeugt, dass die Akzeptanz von Bitcoin als effizienteste Zahlungsform mit der Zeit zunehmen wird. Auch wenn der Weg dorthin noch lang sein mag, ist die Vision, dass irgendwann 100% der Spende bei den Empfängern ankommt, durch die Möglichkeiten der Bitcoin-Technologie erreichbar.

Philipp Stoll, BITCOIN4GOOD

Unser Gesprächspartner Philipp Stoll, BITCOIN4GOOD

Informationen über BITCOIN4GOOD www.bitcoin4good.de

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